"Unsere Ehe fühlt sich wie eine Freundschaft an"

 

Mona, 35 Jahre: Mein Partner und ich kennen uns nun schon seit 10 Jahren, sind verheiratet und haben zwei Kinder. Nach der Geburt unserer jüngsten Tochter vor 4 Jahren, hat sich unsere Beziehung deutlich verändert, was mir große Sorgen bereitet. Wir reden kaum noch über etwas anderes, als über die Kinder und überhaupt fühlt sich unsere Ehe mehr wie eine Freundschaft an. Uns macht das zunehmend unzufrieden, was können wir tun?

 

 

Liebe Mona,

 

Sie beschreiben ein Problem, welches mit Sicherheit viele Elternpaare kennen und fürchten: Das Gefühl die Liebesbeziehung entwickelt sich zunehmend zu einer Freundschaft, für manche fühlt es sich an, als würden sie in einer WG zusammenleben. Meiner Erfahrung nach gehen Menschen sehr unterschiedlich mit diesem Thema um. Ich kenne zum Beispiele Paare, die diese Zeit als Phase in ihrer Partnerschaft betrachte können, in der der Fokus für einige Jahre auf den Kindern liegt und weniger in der Aufrechterhaltung der Liebesbeziehung. Andere Paare führen erbitterte Kämpfe, um scheinbar banale Dinge und es lässt sich bei genauerer Betrachtung feststellen, dass wenigstens eine Person sehr unglücklich mit der Situation ist.

 

Ich bin immer wieder sehr beeindruckt, wenn ich höre, mit welcher Hingabe sich Eltern um ihre Kinder kümmern, der Alltag und nahezu das ganze Leben von ihnen bestimmt ist. Häufig erlebe ich in der Praxis dann Eltern, die zum Teil völlig erschöpft und ausgebrannt sind und ähnlich wie Sie es beschreiben, sich kaum noch als Liebespaar verstehen.

 

Das Sie beide erkannt haben und sich auch eingestehen können, dass Sie mit der Situation nicht zufrieden sind, ist ein erster Schritt. Wichtig erscheint es mir nun, zu prüfen und herauszufinden, woran es liegen könnte, dass sich Ihre Beziehung in diese Richtung entwickelt hat. Fragen hierzu könnten sein, wieviel Zeit räumen Sie sich beide eigentlich Ihrer Paarbeiziehung ein, wann gibt es Momente, in denen Sie nur zu zweit sind und in denen auch Intimität stattfinden kann? Wenn Sie Zeit zu zweit haben, was machen Sie gerne zusammen?

 

Paare die sich auch mit Kindern regelmäßig Zeiten einräumen, in denen sie sich miteinander verabreden, um zum Beispiel etwas zu zweit unternehmen, oder sich bei einer Tasse Tee, vielleicht auch einem Gals Wein unterhalten, können häufig besser diese Phase in ihrer Beziehung überstehen. Es kann auch, zumindest vorrübergehend, hilfreich sein, sich darauf zu einigen, während dieser Verabredungen zunächst nicht über die Kinder zu sprechen. Ich kann mir vorstellen, das könnte sich etwas holprig anfühlen, mit der Zeit wird sich das bestimmt wieder legen. Wenn Sie nur irgendwie können: Nehmen Sie Unterstützung an! Fragen Sie Ihre Eltern, oder Freunde, ob Sie hin und wieder auf die Kinder aufpassen können, um Ihnen einen freien Abend, oder vielleicht sogar ein freies Wochenende zu ermöglichen. Fragen Sie in der Kita, oder der Schule die anderen Eltern oder Erzieher*innen nach Empfehlungen für eine*n Babysitter.

 

Es geht also darum sich als Paar wieder ernst zu nehmen und der Liebesbeziehung eine höhere Priorität einzuräumen. Das gemeinsame Sprechen darüber, wie Sie ihr Leben zusammen wahrnehmen, welche  Bedürfnisse Sie haben und zu überlegen, wie Sie diese befriedigen können, schafft ein Gefühl der Verbundenheit und Wertschätzung und stärkt Ihre Beziehung nachhaltig.